Wurzelkanalbehandlung

Ist die Pulpa (das Zahnmark oder der »Zahnnerv«) zum Beispiel infolge von Karies stark entzündet, ist eine umfassendere Behandlung nötig: Die Pulpa muss dann vollständig aus dem gesamten Zahn, d. h. aus der Zahnkrone und den Zahnwurzeln, entfernt werden. Jede Wurzel enthält mindestens einen Wurzelkanal, in dem sich die Pulpa befindet. Manchmal verzweigt sich die Pulpahöhle im Bereich der Zahnwurzel in mehrere Kanäle, von denen wiederum feinste Seitenkanälchen abzweigen. Sie bieten den Bakterien gute Schlupfwinkel, von denen aus sie Zahn und Kieferknochen erneut befallen können. Um die Zahnwurzel zu sanieren, ist daher eine aufwendige Wurzelbehandlung nötig.

Diffizile »Kanalarbeiten«

Zur Wurzelkanalbehandlung wird der Zahn zunächst trocken gelegt, damit weder Speichel noch Blut – und damit auch Bakterien – in die Zahnhöhle eindringen können. Das Trockenlegen geschieht oft mit Watteröllchen. Besser und sicherer –wenn auch etwas zeitintensiv – ist das Abdecken der Zahnumgebung mit einem Gummituch, dem Kofferdam. Auch wird der Zahnarzt den Zahn vor der Behandlung röntgen, um sich über die genaue Größe und den Verlauf der Wurzelkanäle zu informieren. Bei Backenzähnen kann man bis zu vier, manchmal auch mehr Wurzelkanäle finden.

Nach der Eröffnung der Pulpahöhle mittels eines Bohrers wird mit feinen Raspeln und Feilen das Pulpagewebe aus den Wurzelkanälen entfernt. Die Kanäle werden erweitert und die Wände geglättet, um Bakterienschlupflöcher zu beseitigen.

Mithilfe eines Röntgenbildes oder elektronischer Widerstandsmessung wird kontrolliert, wie weit die Wurzelkanalinstrumente jeweils in die Kanäle eingeführt werden müssen. Hier kann und muss der Zahnarzt seine ganze Kunst entfalten, denn dies ist der schwierigste und mühsamste Teil der Arbeit. Besonders bei Backenzähnen sind die Wurzeln oft stark gekrümmt. Wenn aber Bakterien zurückbleiben, entzündet sich die Wurzel erneut, und dann muss die Wurzelkanalbehandlung wiederholt oder der Zahn sogar gezogen werden.

Keimsichere Versiegelung

Nach der mechanischen Aufbereitung werden die Kanäle mit bakteriziden (Bakterien abtötenden) Flüssigkeiten gründlich gespült. Sie schwemmen zudem Mikroorganismen, Feilspäne und Gewebereste heraus. Um auch die Bakterien in den Seitenkanälchen zu erreichen, werden die Wurzelkanäle anschließend für einige Tage oder länger mit einer desinffzierenden Füllung versehen. Der Zahn wird solange mit einer provisorischen Füllung verschlossen.

Schließlich entfernt der Zahnarzt das Provisorium und bringt in jeden der Wurzelkanäle – unter Röntgenkontrolle – die endgültige Wurzelkanalfüllung ein. Sie besteht aus einer (keimtötenden) Wurzelkanalfüllpaste sowie einem biegsamen Stift aus dem gummiähnlichen Material Guttapercha, der den Kanal zuverlässig verschließt. Die Wurzelkanalfüllung sollte nicht über den Wurzelkanal hinaus in den Kieferknochen ragen, denn dies könnte Entzündungen auslösen. Andererseits ist es wichtig, möglichst alle Wurzelkanäle vollständig bis fast oder bis zu ihrer Spitze zu füllen.

Zum Schluss wird der Zahn mit einer endgültigen Füllung, einer Krone oder Teilkrone versorgt, um ihn wieder funktionstüchtig zu machen und einer neuerlichen Entzündung vorzubeugen. Meist zeigt sich erst nach einigen Monaten, ob die Wurzelkanalbehandlung erfolgreich war. Haben die Bakterien erneut zu einer Entzündung geführt, muss die Behandlung wiederholt, die Wurzelspitze von der Seite her entfernt (Wurzelspitzenresektion) oder der Zahn gezogen werden (Zahnextraktion).

Autor Dr. Rainer Köthe